Was wäre die Justiz ohne engagierte, aufrichtige und erstklassige Anwälte?
1933 sind drei der 17 Coburger Rechtsanwälte Juden und sie alle bekamen die Grausamkeit und Härte der Nationalsozialisten zu spüren.
Hier in der Webergasse 26 wohnte Dr. Martin Baer. Nach dem Abitur studierte er Jura und betrieb zusammen mit seinem Bruder Moritz eine Rechtsanwaltskanzlei in der Spitalgasse 4. Dort befindet sich auch der Stolperstein für Dr. Moritz Baer.
Die beiden Anwälte waren Juden, ihre Mitarbeiter und Mandanten waren überwiegend Christen. Schon in den frühen 20er Jahren wurden die Baers häufig von Menschen aufgesucht, die mit den Nazis in Konflikt geraten waren und um Rechtsbeistand baten. Die beiden Rechtsanwälte halfen, wo sie konnten – auch noch in den 30er Jahren. Zum Beispiel vertraten sie 1932 die jüdische Kultusgemeinde in einem Rechtsstreit mit der Stadt, als es darum ging, die Nikolauskapelle weiterhin als Synagoge benutzen zu dürfen. Das machte die Baer-Brüder den Coburger Nationalsozialisten in besonderem Maße verhasst. 1939 schrieb die Zeitung „Bayerische Ostmark“ über die beiden: „In unzähligen Prozessen sind sie immer wieder als Verteidiger der roten Bonzen in Coburg aufgetreten, meist als Ankläger gegen Nationalsozialisten. Besonders rühmlich taten sie sich in Prozessen gegen den heutigen Gauleiter von Pommern, Schwede-Coburg, hervor. Sogar nach der Machtergreifung wagten es die Juden noch, eine gerichtliche Verfügung gegen ein Wahlplakat der NSDAP zu erwirken, das im ganzen Reich verbreitet war. Das sind alles Dinge, die man nicht vergessen sollte.“
Vor allem Dr. Martin Baer bekam den Hass der Nationalsozialisten zu spüren. Am 12. März 1933 drangen die Nazis in sein Haus ein und schleppten ihn ins Rathaus. Dort musste er ein Spalier von SS-Leuten durchschreiten, die ihm dabei mit Gummiknüppeln auf den Kopf schlugen. Als er bewusstlos zusammenbrach, brachte man ihn ins Krankenhaus. Am 15. März wurde er wieder entlassen. In der Reichspogromnacht am 9. November 1938 wurde Baer erneut von den Nazis misshandelt. SA-Männer schlugen ihn mit einem Eisenstock zusammen. Anschließend brachte man ihn zur Polizei, wo er nochmals mit Fußtritten misshandelt wurde.
Mit ihren antijüdischen Parolen vertrieben die Nazis den Baers nach und nach alle Mandanten. 1938 mussten die Brüder ihre Kanzlei schließen. Sie verkauften alles, was sie besaßen, und flüchteten aus Coburg.
Dr. Martin Baer ging zunächst nach London zu seinem Sohn Hans, der die Heimat bereits 1937 verlassen hatte und in England studierte. Nachdem die Baers eine Einwanderungsbewilligung für die Vereinigten Staaten erhalten hatten, gingen sie nach New York. Hans Baer wurde unterdessen im Krieg in England als Deutscher verhaftet und in ein Kriegsgefangenenlager nach Australien gebracht. Nach eineinhalb Jahren wurde er freigelassen und besuchte seine Eltern in Amerika. Auf der Rückfahrt von New York nach England wurde das Schiff von einem deutschen U-Boot versenkt und Hans Baer starb. Kurz darauf, im Jahr 1942, verstarb auch Dr. Martin Baer im Alter von 58 Jahren. Grund für seinen frühen Tod dürften die vielen Schicksalsschläge gewesen sein, die er durch die deutsche Rassen- und Kriegspolitik erleiden musste.
Dr. Moritz Baer floh im Alter von 62 Jahren nach Argentinien, wo sein Sohn Max lebte. Er starb 1952 im Alter von 75 Jahren.
(Quellen: „Coburger Juden“ von Hubert Fromm; „Digitales Stadtgedächtnis der Stadt Coburg“)
Frage 5:
Wie viele jüdische Rechtsanwälte gibt es zur Zeit des Machtwechsels 1933?
Frage 6:
Welche Jahreszahl findest du oben an der Fassade des Hauses Webergasse 26?
Hier geht’s weiter:
Sucht am Schaufenster des Optikers in der Mohrenstraße 14.
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