Erst 101 Jahre Landgericht in Coburg?

Es stimmt – Coburg war schon sehr lange Zeit ein besonderer Gerichtsstandort:

  • – In früheren Zeiten wurde das „Landgericht zu Coburg“ dreimal im Jahr abgehalten und dabei konnte alles „Rugbare“ angezeigt werden.
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  • – Dann war da das Coburger „Stadt-, Rüge- oder Hadergericht“, in dessen 1466 herausgegebener Gerichtsordnung beispielsweise folgende Strafen vorgesehen waren:
    für ein beleidigendes Schimpfwort je 60 Pfennige an Richter und Kläger;
    jede Wunde: 1 Pfund; fließende Wunden, die nicht gefährlich waren: 2 ½ Pfund; Lähmungen und Gliederabhauen: 10 Pfund.
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  • – 1499 wurde von Kurfürst Friedrich zu Sachsen in Coburg ein „Hofgericht“ ins Leben gerufen, bei dem in erster Instanz Angelegenheiten der Adeligen verhandelt wurden und das als „Appellationsgericht“, also zweite Instanz, für die Untertanen diente. Zum „Hofgericht“ gehörte auch der „Schöppenstuhl“, der bei Rechtsfragen Auskunft erteilen und für die Einheitlichkeit der Rechtsprechung sorgen sollte.
     
    Dieses „Hofgericht“ hatte mit dem Kommen und Gehen der verschiedenen Herzöge eine wechselvolle Geschichte. Nach dem Tod von Herzog Johann Ernst 1638 fielen die Coburger Ländereien der Sachsen-Altenburgischen Linie zu; das Hofgericht wurde aufgehoben und nach Jena verlegt.

 

Nach langer Pause für den Landgerichts-Standort Coburg tagte hier im Gebiet des Herzogtums Ende des 19. Jahrhunderts, im Jahr 1878, endlich wieder die Strafkammer eines Landgerichts – allerdings war das „nur“ die abkommandierte (sog. „detachierte“) Strafkammer des Landgerichts Meiningen, zu dessen Bezirk Coburg gehörte.

Nach dem Ersten Weltkrieg schloss sich der neu entstandene kleine Freistaat Coburg am 30.11.1919 durch Volksabstimmung dem Freistaat Bayern an; 88,1 % der 29.624 Wähler stimmten damals gegen den Anschluss an Thüringen.

Nach Aufhebung der Gerichtsgemeinschaft mit Preußen und Sachsen-Meiningen erhielten die Coburger das im Staatsvertrag mit dem Freistaat Bayern zugesicherte „eigene richtige“ Landgericht.

So kam es, dass die detachierte Strafkammer des Landgerichts Meiningen am 31.3.1921 ihre letzte Sitzung in Coburg abhielt; am 1.4.1921 wurde das Landgericht Coburg durch den bayerischen Justizminister Dr. Christian Roth mit folgenden Worten eröffnet:

„Mögen an ihm (Anmerkung: dem Landgericht) stets aufrechte Männer walten, in deren Brust ein warmes Herz für die Nöte und Freuden ihrer Volksgenossen lebt, die fern aller Engherzigkeit, nie vergessen, dass nicht die Menschen wegen der Gesetze, sondern die Gesetze um der Menschen Willen geschaffen sind.“

Seinen Sitz hatte das Landgericht zusammen mit den anderen Coburger Justizbehörden im Gebäude des Herzoglichen Staatsministeriums vor dem Ketschentor, mitten in einer malerischen Gartenanlage.

Der 2. Weltkrieg war fast vorbei, da wurde das Gerichtsgebäude am 10.4.1945, gegen 21 Uhr, von Phosphorgranaten der amerikanischen Alliierten getroffen und brannte der Tage lang bis auf die Grundmauern nieder. Nur die Steinmauer um das Gelände sowie der Keller hinter dem Haus, oberhalb des Fahrradweges, sind aus dieser Zeit noch erhalten.

Schon bald nach dem Krieg begannen die Planungen für den Neubau eines „Zentralgerichtsgebäudes“, das Platz für das Amts- und Landgericht, Staatsanwaltschaft und ein Gefängnis bieten sollte; nach langer Bauzeit wurde der von den Coburgern „Paragraphenbunker“ genannte Neubau am 23.03.1957 eingeweiht.
Der damalige Bayerische Staatsminister der Justiz Dr. Fritz Koch fand folgende Worte:

„Möge dieses Haus jenen, die es betreten, nicht nur eine Stätte des Streits, sondern von allem ein Ort der Bewahrung des Friedens sein, den zu gewährleisten oder wiederherzustellen eine entscheidende Aufgabe der Rechtspflege ist.“

 

Quellen: Festschrift 75 Jahre Landgericht Coburg; „Sagen in und um Coburg“; „Coburg – Kleine Stadtgeschichte“ von Hubertus Habel;

 

Frage 9:

Wie viele (Teil-)Abbildungen von Tieren und Fabelwesen finden Sie auf dem Metallschild an der roten Mauer vor dem Justizgebäude?

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Hinter der Mauer…