Eigentlich hatte die „Neuzeit“ längst begonnen: die Buchdruckerkunst gab es schon 160 Jahre lang, Amerika war bereits 130 Jahre vorher entdeckt worden und Luther hatte rund 100 Jahre zuvor seine Thesen verkündet. Das „finstere Mittelalter“ war eigentlich überstanden. Doch gerade um 1620 verfiel Coburg dem Hexenwahn.

Menschen suchten nach Gründen für Dinge, die sie sich nicht erklären konnten. Mangelndes Wissen über Hygiene und die Verbreitung von Bakterien förderte den Aberglauben. Eine erschreckend hohe Kindersterblichkeit aufgrund der Folgen des wütenden 30-jährigen Krieges trug zu vielen Anklagen bei. Auch Ernteeinbußen durch nasskalte Sommer schrieb man den Hexen zu. Alle und jeder waren verdächtig. War jemand erst einmal der Hexerei beschuldigt, gab es nichts, was man nicht als Beweis für seine Schuld deuten konnte. Häufige Kirchenbesuche (man wollte durch seine Frömmigkeit andere täuschen!) waren genauso verdächtig, wie wenn man selten zur Kirche ging. Schönheit galt als Blendwerk der Hölle; war jemand hässlich, schaute ihm der Teufel aus dem Gesicht.

Im Jahr 1484 hatte der damalige Papst zur Hexenausrottung aufgerufen, 1487 war „Der Hexenhammer“ * erschienen und laut dem Kirchenbuch von St. Moritz gab es 1565 den wohl ersten Hexenprozess in Coburg.
Ihren Höhepunkt erreichten die Hexenverfolgungen allerdings in der Zeit Herzog Johann Casimirs. Während die obersten Richter des casimirianischen Staates („Schöppenstuhl“) dem Herzog rieten, nicht die spanische Inquisition einzuführen und das Geschrei des Pöbels nicht zur Richtschnur für die Rechtsprechung zu machen, wollte dieser stärker gegen das Hexenunwesen einschreiten. So erließ er im Jahr 1629 eine „Gerichts–Ordnung die Hexerey betreffend“. °Darin findet sich der genaue Ablauf der Tortur und das gesammelte Grauen: Daumenschrauben, Spanische Stiefel, Gespickte Hasen, Schraubstock, siedendes Öl, brennender Schwefel.

Die Anzahl der Hexenprozesse stieg nach dem Erlass des herzoglichen Gesetzes nocheinmal sprunghaft an – und das obwohl schon über zehn Jahre Krieg tobte und die Menschen mit genug Leid und Elend konfrontiert wurden! Denunzierungen führten zu einem „Schneeballsystem“ von Anklagen, in deren Zuge allein in den Jahren 1628 – 1631 im Herzogtum Coburg 91 Personen, darunter 80 Frauen, angeklagt und davon ca. 70 hingerichtet wurden.

Eine davon war die angesehene Hofsattlerin Margareta Ramhold (ca. 1570 – 1628), die hier in der Ketschengasse 9 wohnte. Klatsch, Tratsch und letztlich ein Streit mit dem Nachbarn von der anderen Straßenseite, dem Centgrafen Caspar Lang, wurden ihr zum Verhängnis. Vom Centgrafen provoziert beschimpfte Frau Ramhold diesen als „Schelm, Dieb, Galgenhirten, Bluthundt und Ehrendieb“. Natürlich ließ der einflussreiche Polizei- und Justizbeamte das nicht auf sich sitzen und nutzte seine Position zur Rache. Durch umfangreiche Befragungen, die nicht auf die Beleidigungen, sondern Hexerei abzielten, verbreiteten sich Gerüchte wie ein Lauffeuer; gesellschaftlicher Boykott war die Folge. Letztlich wurde Ramhold inhaftiert, gestand unter Folter die „Teufelsbuhlschaft“ und wurde am 20. September 1628 „von wegen Druttenwergks und Zauberey“ auf dem Scheiterhaufen an der Gerichtsstätte in der Hohen Straße verbrannt.

* (Malleus malificarum)
Dieses von zwei Dominikanermönchen verfasste Buch nimmt den traurigen Ruhm in Anspruch, als das unglücklichste Buch der Welt wie kein anderes furchtbares Leid und unsägliches Unheil über die Menschen gebracht zu haben.

° Er orientierte sich dabei sehr an dem damals bereits 142 Jahre alten Buch „Der Hexenhammer“

Quellen: „Coburg im Spiegel der Geschichte“, „Seien Sie doch vernünftig!“ Frauen der Coburger Geschichte


Frage 3:

In welchem Jahr wurde ein besonders strenges Strafgesetz zur Hexenverfolgung im Coburger Herzogtum erlassen?

 


Hier geht’s weiter:

Auf der Rückseite des Schildes vor dem linken Aufgang zum Haus Ernstplatz 12 ist etwas versteckt.

Empfohlene Route: